Bern, Reichenbachstrasse. Neue Gräber aus dem latènezeitlichen Oppidum auf der Engehalbinsel, 2014, 196 p. -

Die in der Aareschlaufe nördlich von Bern gelegene befestigte Siedlung der keltischen Zeit gehört zu den bedeutendsten Anlagen dieser Art in der Schweiz. Wiederholt wurden auf der Engehalbinsel Gräber, Siedlungsreste und Wallanlagen entdeckt. Ein Neubau an der Reichenbachstrasse führte 1999 zu einer archäologischen Ausgrabung, bei der 36 Körpergräber zum Vorschein kamen, die zu einem grösseren Gräberfeld gehören. Die Toten wurden in ihrer Kleidung bestattet, als Schmuck wurden oft Glasperlen, Arm- und Fingerringe getragen. In den Gräbern wurden auch Münzen und Keramikgefässe niedergelegt. Unter den Keramikgefässen fällt eine aufwendig mit Zinnfolie verzierte Flasche auf. In einem anderen Grab kam ein mit grosser Kunstfertigkeit bemaltes Gefäss zum Vorschein, das aus Frankreich stammt und die sehr seltene Darstellung eines Tieres zeigt. Die keltischen Silbermünzen imitieren Obole griechischen Ursprungs und gehören überwiegend zu einem äusserst raren Typ. Sie wurden in den Mund oder in die Hand der Toten gelegt. Die Untersuchung der erhaltenen Skelettreste und die Analyse der Beigaben zeigen, dass in dem 1999 ausgegrabenen Teil des Bestattungsplatzes wohl ausschliesslich Frauen und Kinder bestattet wurden. Aus der reichen Ausstattung der Gräber mit Fibeln ergibt sich die grosse Bedeutung der neu entdeckten Gräber für die zeitliche Gliederung der Latènezeit. Bei den Neufunden von der Reichenbachstrasse handelt es sich um die grösste bisher auf der Engehalbinsel gefundene Grabgruppe. Die neuen Untersuchungen erlauben es, die bereits früher entdeckten Gräber neu zu interpretieren. In ihrer Gesamtheit spiegeln die Bestattungen auch die Entwicklung der bisher wenig erforschten befestigten Siedlung wider.